Redaktion: Frau Höhle, wann kamen Sie zum ersten Mal mit dem Thema Qualitätsmanagement in Berührung?
Mit dem Thema Qualitätsmanagement wurde ich vor über 10 Jahren das erste Mal konfrontiert. Die AZWV-Verordnung war in Kraft getreten und alle Bildungsträger, die öffentliche Aufträge erhalten wollten, mussten im Besitz einer AZWV-Trägerzulassung sein.
Redaktion: Der Nachweis eines Systems zur Sicherung der Qualität war die Anforderung der AZWV-Verordnung, aber was bedeutete die Anforderung in der Praxis? Besonders im Hinblick auf die ISO 9001?
Die Norm DIN EN ISO 9001 kannte ich zum damaligen Zeitpunkt sehr wenig und brachte diese immer in Verbindung mit großen internationalen Firmen. Bekannt war mir jedoch, dass hier das Thema Qualitätsmanagementsystem auftaucht. Als interne QMB und Auditorin erhielt ich die Aufgabe, ein internes Qualitätsmanage-mentsystem gemäß den Anforderungen der AZWV-Verordnung und der ISO 9001 aufzubauen. Die Unterstützung seitens der obersten Leitung war stets gewährleistet und die Chance, das QM-System mit allen Mitarbeitern gemeinsam aufzubauen, hatte als Konsequenz, dass die Einführung und Implementierung des Qualitätsmanagementsystems eine hohe Akzeptanz bei allen hatte. Die Norm ISO 9001 mit den sehr konkreten Anforderungen eines Qualitätsmanagements war eine große Unterstützung, um in der Organisation betriebliche Abläufe transparent darzustellen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
Redaktion: Wenn Sie jetzt auf Ihre Auditorentätigkeit bei der CERTQUA zurückblicken, welche Vorteile hat es Ihrer Erfahrung nach für Bildungsträger, die QM-Systeme ge-mäß AZAV und ISO 9001 zu kombinieren?
Im 3. Jahr als externe CERTQUA-Auditorin mit einem von Jahr zu Jahr wachsendem Kundenstamm, durfte ich bis jetzt sehr viele Qualitätsmanagement-Handbücher lesen und habe sowohl Erst-/Re-Zertifizierungen als auch Überwachungsaudits durchgeführt. Mir ist stets aufgefallen, dass selbst bei Kunden die „nur“ eine AZAV-Trägerzulassung und keine ISO-Zertifizierung haben, viele Bestandteile der ISO-Norm in den QM-Handbüchern und Prozessbeschreibungen vorhanden sind.
Die ISO-Norm bietet meines Erachtens eine sehr gute Orientierung, wenn es sich zunächst nur um die Einführung eines Qualitätsmanagement handelt. Darüber hinaus sind aber auch die konkreten Anforderungen zum kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) sowie die Messung und Analyse der Dienstleis-tungsprozesse bei der ISO 9001 stets im Focus. Wenn ich in der Beraterfunktion bei Kunden bin, die eine Zertifizierung anstreben und „theoretisch“ nur die AZAV-Trägerzulassung benötigen, dann ist meine Empfehlung stets die ISO 9001 als Grundlage für die Implementierung eines QM-Systems auch mit zertifizieren zu lassen.
Redaktion: Warum empfehlen Sie die Kombi-Zertifizierung nach AZAV und ISO 9001?
Für mich gibt es dafür drei Gründe:
Der 1. Grund ist, dass in der AZAV-Verordnung 9 Punkte zu einem System der Qualitätssicherung aufgelistet sind, die wiederum auch in der ISO-Norm abgebildet sind; zusätzlich erweitern sich stets die Empfehlungen des Beirats nach § 182 SGB III und hier ist eine „Anpassung“ auch hinsichtlich des benutzten Fachjargons aus der ISO-Norm deutlich zu erkennen. D.h. die Zertifizierung nach der ISO 9001 bedeutet nicht mehr Aufwand.
Der 2. Grund ist, dass mit der ISO-Zertifizierung alle relevanten Abläufe in einer Organisation zunächst auf dem Prüfstand sind, dann konkret in Prozessen beschrieben werden inkl. messbaren Kennzahlen und der Festlegung von Verantwortlichkeiten. D.h. der komplette Ablauf und die Schnitt-stellen sind bekannt, werden klar er-kannt und tragen dazu bei, dass bei der internen Kommunikation weniger Konflikte entstehen.
Der 3. Grund ist sozusagen die Konsequenz der ersten beiden Gründe – es kann eine höhere Kundenzufriedenheit erzielt werden und die Fehlerquote kann verringert werden, mit dem Nebeneffekt, dass Kosten reduziert werden können. D.h. jeder Mitarbeitende weiß, was wann zu tun ist und wie Fehler vermieden werden können.
Ein gut funktionierendes Qualitätsmanagementsystem unterstützt den Unternehmenserfolg nachhaltig und die Bestätigung dieser Qualität sollte mit einem externen Zertifikat der DIN EN ISO 9001 und gemäß AZAV bestätigt werden.
Redaktion: Vielen Dank für das Interview, Frau Höhle.
Astrid Höhle studierte Erziehungswissenschaften mit den Fachrichtungen Schulverwaltung, Erwachsenenbildung und Ausländerpädagogik; davor absolvierte sie ein Grundschulpädagogik-Studium und unterrichtete einige Jahre in Brasilien. Erfahrungen in der Erwachsenenbildung und als Führungskraft sammelte Astrid Höhle als Trainerin, Projektleiterin und bis 2010 als Betriebsleiterin.
Seit 2004 ist Astrid Höhle mit dem Thema Qualitätsmanagement als interne QM-Beauftragte, Auditorin bei einem Bildungsträger und als selbständige Beraterin und Trainerin in den Bereichen Organisationsentwicklung betraut. Zudem ist sie Inhaberin der Astrid Höhle Consulting & Training in Krefeld und Mitglied im IHK-Prüfungsausschuss Personalkaufleute.
Seit 2012 ist Astrid Höhle als freiberufliche Auditorin und Referentin für die Fachkundige Stelle CERTQUA GmbH für die Träger- und Maßnahmenzulassung nach AZAV, DIN EN ISO 9001 und DIN ISO 29990 sowie besondere Kundenprojekte tätig.